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Klassenregeln: Die größte Lüge im System!

Klassenregeln: Die größte Lüge im System!

In meiner Arbeit als Schulmediator begegne ich immer wieder dem Vertrauenskiller Nummer Eins: den sogenannten Klassenregeln. Allerdings meine ich nicht Klassenregeln und Regeln im Allgemeinen, sondern eine ganz bestimmte Art: die „Unsere Schüler:innen erarbeiteten ihre eigenen Klassenregeln – aber eigentlich sind es die der Lehrer:innen“-Regeln.

Wenn den Schüler:innen in einer Klasse verkauft wird, dass sie ihre eigenen Regeln für ein gemeinsames Miteinander aufstellen sollen, aber die Lehrkraft dabei sicherstellt, dass vor allem ihre eigenen Vorstellungen im Ergebnis landen, dann ist das kein ergebnisoffener Prozess. Und es sind schon gar nicht die Regeln der Schüler:innen. Kinder durchschauen diesen Umstand schnell und lernen vor allem eines: Sie müssen die Wünsche der Lehrkraft erfüllen, während ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche keine Priorität haben. Selbst wenn die Intention positiv war, vermittelt der Prozess eine negative Botschaft.

Was können Lehrkräfte tun, um trotzdem das gewünschte Ziel zu erreichen?

Transparenz und Klarheit sind der Schlüssel: Als Lehrkraft hast du gewisse Mindestanforderungen an deine Schüler:innen, damit du gut arbeiten kannst. Daraus ergeben sich bestimmte Verhaltensregeln, die du als Basis benötigst. Diese Regeln sind deine, nicht die der Schüler:innen. Das ist nichts Schlechtes – im Gegenteil! Menschen sollten lernen, dass die Bedürfnisse anderer, um erfolgreich arbeiten zu können, auch Priorität haben.

Du kannst also als Lehrkraft klar definieren, welche Regeln für dich unverzichtbar sind. Achte jedoch darauf, dass weniger oft mehr ist.

Im Prozess kannst du von Anfang an festlegen, was ein Must-have ist, aber die Schüler:innen an der genauen Ausformulierung oder Vertiefung arbeiten lassen.

Ich selbst habe als Mediator an Schulen drei Grundregeln, die ich brauche, um gut mit den Kindern arbeiten zu können. Diese definiere ich immer zu Beginn und sie sind unumstößlich. Wer sich nicht daran hält, muss die Konsequenzen tragen – so einfach ist das.

Alle anderen Regeln definieren die Kinder. Manchmal arbeiten wir mit fünf, sechs oder mehr Regeln, und oft auch nur mit diesen drei.

Wie kannst du das als Lehrkraft umsetzen?

Grenze deine Regeln klar von denen der Schüler:innen ab. Sei offen für eine Evaluierung der Regeln in der Klasse nach ein paar Wochen. Achte immer auf eine positive Formulierung – negative Formulierungen fokussieren auf das Problem und halten es aufrecht („Wir können nicht nicht an einen Elefanten denken!“). Sei wirklich ergebnisoffen und frage dich am Ende: „Sind das die Regeln, die meine Schüler:innen wollten, oder sind es meine Regeln, die ich ihnen als ihre verkauft habe?“

Gefährliche Motivationsmethoden in Schulen: Wenn Kinder zum Schweigen gebracht werden

„Dir geht es doch gut“: Die gefährliche Botschaft hinter fehlgeleiteter Motivation

Welche Tragweite falsch eingesetzte Managementmethoden haben können, zeigt ein für mich äußerst bedenkliches Beispiel fehlgeleiteter Motivationsversuche.

„Ich habe gehört, du hast ein Dach über dem Kopf, also geht es dir gut!“ Dieser unüberlegte Satz wurde verwendet, um einer Gruppe zu vermitteln, dass es ihnen gut gehen müsse. Dabei ignorierte die Person, dass jemand in der Gruppe auf die Frage „Wie geht es euch?“ eine ehrliche, aber negative Antwort gegeben hatte, die nicht gehört werden sollte.

Besonders in Schulen sendet diese Haltung eine gefährliche Botschaft an Kinder und Jugendliche: Sie suggeriert, dass oberflächliche Lebensumstände wichtiger sind als ihr emotionales Wohlbefinden. Ein Mobbingopfer hört: „Solange du ein Dach über dem Kopf hast, hast du keinen Grund zu klagen.“Dem Opfer sexuellen Missbrauchs wird signalisiert: „Dein Leid ist irrelevant, solange du versorgt bist.“Dem geschlagenen Kind wird indirekt gesagt: „Deine Schmerzen zählen nicht, solange dein Grundbedürfnis nach einem Zuhause erfüllt ist.“

Solche Aussagen verharmlosen das tiefe seelische Leid, das Betroffene in diesen Situationen durchleben. Sie verschleiern die Dringlichkeit der Probleme und verhindern, dass notwendige Hilfe und Unterstützung rechtzeitig bereitgestellt werden.

Wer solche Methoden einsetzt, manipuliert die Wahrnehmung seines Gegenübers und verzerrt Stimmungsabfragen in Gruppen. Dies beseitigt keine Probleme, sondern verschleiert sie lediglich. Besonders gefährlich wird es, wenn dadurch schwerwiegende Themen in den Hintergrund gedrängt werden und Betroffene so zum Schweigen gebracht werden.

Derartige Methoden haben in Schulen eigentlich keinen Platz, werden aber leider immer wieder eingesetzt. Keineswegs möchte ich an dieser Stelle Lehrkräften Böswilligkeit oder schlechte Absichten unterstellen, doch eine fehlgeleitete positive Intention ändert nichts am schrecklichen Ergebnis solcher Methoden.

Mediation an Schulen deckt nicht nur Probleme auf, sondern löst sie auch. Sie bietet allen Beteiligten, einschließlich der Lehrkräfte, die Möglichkeit zur Reflexion und zur Betrachtung von Problemstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven.

Auf diese Weise wird auch bei problematischen Methoden sichtbar, was in den Beteiligten vorgeht, und wie auf fragwürdige Praktiken verzichtet werden kann.

Wie kannst du als Lehrkraft etwas ändern?

1. Höre hin, was deine Schüler:innen wirklich sagen!

Achte darauf, wie Schüler:innen ihre Gefühle ausdrücken. Sätze wie „Es geht mir **eigentlich** gut“ sind oft ein Hinweis darauf, dass nicht alles in Ordnung ist. Das Wort „eigentlich“ deutet häufig auf ein tieferliegendes Problem hin, das angesprochen werden möchte. Es ist wichtig, nicht nur die oberflächliche Aussage zu hören, sondern die Bedeutung dahinter zu erkennen. Vorsicht: Wer lediglich die Bedeutung des Wortes „eigentlich“ erklärt und Schüler:innen erzieht, es nicht zu benutzen, riskiert, dass Kinder und Jugendliche lernen, Missstände zu verbergen. Natürlich sollten sie verstehen, was das Wort bedeutet, aber es sollte ihnen auch erlaubt sein, es zu verwenden, wenn nicht alles in Ordnung ist. Der Fokus sollte immer darauf liegen, ihnen zuzuhören und sie zu ermutigen, offen über ihre Gefühle zu sprechen.

2. Sei authentisch!

Auch Lehrkräfte haben Gefühle, und es ist völlig in Ordnung, diese anzusprechen. Authentizität schafft Vertrauen und eine offene Atmosphäre. Du kannst beispielsweise sagen: „Mir geht es heute nicht so gut, aber ich bin trotzdem hier, weil ich mich nicht demotivieren lassen wollte und mit euch etwas lernen möchte. Wie geht es euch heute?“

Indem du offen mit deinen eigenen Gefühlen umgehst, ermutigst du die Schüler:innen, dasselbe zu tun. Diese Ehrlichkeit zeigt ihnen, dass es okay ist, Schwäche zu zeigen und dennoch motiviert zu bleiben. So wird das Klassenzimmer zu einem Raum, in dem Emotionen ernst genommen und offen kommuniziert werden dürfen.

3. Nimm deine Schüler:innen ernst und vorverurteile sie nicht!

Besonders in der Arbeit mit Migrant:innen und Menschen mit Behinderungen erlebe ich oft, dass Lehrkräfte die Fähigkeiten ihrer Schüler:innen unterschätzen. Aussagen wie „Der kann das halt nicht“ spiegeln keine wertschätzende oder zukunftsorientierte Haltung wider. Jedes Kind hat möglicherweise besondere Bedürfnisse, doch oft sind die größten Barrieren nicht die Kinder selbst, sondern das mangelnde Vorstellungsvermögen und die fehlende Offenheit der Umgebung für neue Lösungsansätze.

Hinterfrage als Lehrkraft zuerst deinen eigenen Ansatz: Hast du wirklich alles getan, um die Schüler:innen ans Ziel zu führen? Gibt es alternative Wege, um Wissen und soziale Kompetenzen zu vermitteln? Wenn etwas nicht funktioniert, bedeutet das nicht, dass das Kind unfähig ist, eine Lösung zu finden – möglicherweise passt einfach deine Methode nicht zu den individuellen Bedürfnissen des Kindes. Offenheit für neue Wege und ein Perspektivwechsel können helfen, die Potenziale aller Schüler:innen zu erkennen und zu fördern.

Hol unterstützung von Außen!

Externe Mediator gehen neutral und allparteilich auf die Problemstellungen in deiner Klasse ein und unterstützen Schüler sowie Lehrkräfte aktiv bei der Lösungsfindung von Konflikten. Diese Konflikte können sowohl zwischen den Schüler als auch zwischen Lehrkräften und Schüler bestehen. Als Mediator arbeiten wir ergebnisoffen, was uns oft zu einem echten Gamechanger im Schulsystem macht. Durch unsere neutrale Position helfen wir, Missverständnisse aufzulösen und neue Wege der Zusammenarbeit zu ermöglichen, die das Klima in der Klasse nachhaltig verbessern.

Echo der Stille: Mobbing und seine Schatten in Schulen

Im Schatten des Schweigens verbirgt sich eine Krise, die weit über sichtbare Narben hinausgeht: Mobbing in Schulen. Dieser Blogbeitrag taucht tief in die verborgene Welt des Mobbings ein, beleuchtet dessen Auswirkungen auf Betroffene und zeigt, wie Schulmediation einen Lichtstrahl in diese Dunkelheit bringen kann. Durch das Brechen der Stille und die Förderung offener Kommunikation bietet Schulmediation einen Weg, nicht nur den Opfern eine Stimme zu geben, sondern auch Täter*innen zur Verantwortung zu ziehen und das Bewusstsein für die langfristigen Auswirkungen ihres Handelns zu schärfen.